Angelika Express haben sich noch nie mit der popbranchigen Mittelmäßigkeit aufgehalten. Doch dieses Jahr nun verlegen die Kölner ihren allgegenwärtigen Ermächtigungseifer auf‘s nächste Level – und präsentieren nicht weniger als eine monothematische Platte über das Phänomen des Rauschs. Hochverdichtete Powerpop-Songs über Cocktails, Kurze, Kater, Euphorie und Untergang ergeben eine der erstaunlichsten Veröffentlichungen des Jahres.
Das Konzept-Album ist der letzte große Monolith in einer immer kleinteiligeren Rockkultur, es besitzt immer etwas Prätentiöses, ja, etwas zutiefst Monströses. Nicht zu Unrecht, schließlich kommt wenig Freude auf, wenn irgendwelche Typen mit schlechten Frisuren verkünden: „Das ist unser großes Werk über den Weltfrieden und einen Waisenjungen namens Jonathan – neun Songs, die zusammen eine einzigartige Geschichte ergeben.“
Sorry, aber da denkt doch jeder: Dann lieber gleich „Tabaluga“! Und so hat das Konzept-Album die letzten Jahrzehnte abgewirtschaftet, ist längst nur noch eine Fußnote der Geschichte, eine irgendwann gänzlich vergessene Kunstform der Popmusik. Schade eigentlich. Denn die Idee von einer Platte, die mehr ist, als die Summe der einzelnen Teile, besitzt nach wie vor etwas sehr Reizvolles. Doch wer zur Hölle könnte dieser Nummer zeitgemäß auf die Sprünge helfen?
Willkommen an der Theke am Ende des Regenbogens, willkommen bei Angelika Express und ihrem Konzept „Alkohol“. 15 Stücke zum Thema Trinken. Es geht um den Tag danach („Hangover Annelore“), das Mittendrin („Das Biest ist frei“), die Wehmut („Kohle für Cocktails“) oder auch nur um bis zur funkelnden Essenz eingeschmolzenen Hit-Miniaturen („Elf Kölsch in 11 Sekunden“).
Poppunk-Songwriter-Legende Robert Drakogiannakis ist dabei der Rausch allerdings nicht zu Kopf gestiegen, natürlich reklamieren seine Band und er hier nicht das Erbe von Queensrÿche „Operation Mindcrimce“ oder „Tommy“ von The Who für sich. Die für die Band typische ironische Brechung wohnt dem Projekt genauso inne, wie einfach der ausagierte Spaß, ganz bewusst das Korsett des gängigen Album-Narrativs zu sprengen.
Text: Linus Volkmann